Meine SIMCA-Geschichte
Hallo liebe SIMCA-Freunde,
mein Name ist Olaf Pawlitzki, Jahrgang 1953. Geboren wurde ich in Wolfsburg und lebe hier bis heute. Seit einigen Jahren bin ich Rentner, der eigentlich nie Zeit hat…
Autos sind ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Meine Mutter behauptet ganz fest, mein erstes gesprochenes Wort war nicht „Mama“, sondern „Aauutooo“. Irgend wie ist das auch nicht verwunderlich, denn im Geschäft meiner Eltern (Taxi und LKW) drehte sich ja auch fast alles um Kraftfahrzeuge.
Bereits in jungen Jahren habe ich begonnen, in der eigenen Werkstatt mitzuhelfen. Dabei hatte ich viel Spaß und mein Dad hat mich schon sehr früh in die Geheimnisse der Fahrzeugtechnik eingeführt. Später habe ich diese Leidenschaft zum Beruf gemacht und zunächst 12 Jahre in einer Mercedes-Werkstatt gearbeitet, bevor ich 1981 zu einem „kleinen Automobilhersteller am Südrand der Lüneburger Heide“ wechselte.
Meine SIMCA-Leidenschaft begann in den 1960er Jahren, als mein Vater zwei SIMCA 1000 LS kaufte, die als sog. „Mini Cars“ eingesetzt wurden.
Auf unserem Betriebshof durfte ich ja schon sehr früh, auch ohne Führerschein, selbst fahren. Dabei bereiteten mir die „Mini’s“ sehr viel mehr Spaß als die Mercedes „Wanderdünen“. Eines der SW-Fotos zeigt mich mit 12 oder 13 Jahren ganz stolz am Steuer eines unserer SIMCA, das andere zeigt beide Mini’s in Formation.
Durch den wirklich harten 24/7 Einsatz, aber auch durch den teilweise brachialen Umgang der Fahrer mit den Autos, litten die SIMCA doch sehr und wurden nach nur gut 2 Jahren durch zwei VW Käfer und danach durch einen Opel Kadet B ersetzt.
Letztere bereiteten keinesfalls weniger Sorgen durch Verschleiß und technische Defekte als die beiden SIMCA, eher waren es noch mehr… Und damit endete bei uns die Ära der Mini Cars.
1971 bekam ich endlich, nach jeweils einer Fahrstunde auf einem Käfer und einer auf einem NSU PRIMA Roller meinen Führerschein Klasse 1 und 3. Die Frage nach dem ersten eigenen Auto stellte sich nicht, es musste ein SIMCA sein!!
Die Wahl fiel auf ein gebrauchtes 1968er 1200S Coupe Farbe Bordaux-Rot, aus 1. Hand, von einem Tallimann aus Hamburg. Wir holten den Wagen per Achse ab. Auf der knapp 200 km Heimfahrt lief der Wagen wie ein Uhrwerk und ich hatte richtig Spaß.
Ein gewisser Wasser- und Ölverbrauch zeigte jedoch nach kurzer Zeit eine defekte Kopfdichtung an. Das Problem war jedoch schnell behoben. Ebenso erhielt mein Coupe einige Optimierungen an Fahrwerk und Motor, aber alles im Rahmen der Zulässigkeit. Denn, schließlich begann ich gleichzeitig, erste Erfahrungen im aktiven Motorsport zu sammeln. So manches Wochenende fuhr ich Slalom, Bergrennen und auch Rundstrecke.
Ein absolutes Highlight für mich war ein 4-tägiges Fahrtraining in Zandfoort/NL, angeleitet von Rob Slotemaker, ehemaliger Werksfahrer bei TRIUMPH und bekannt als Regenkünstler. Von Rob habe ich unglaublich viel zum Thema Fahrzeugbeherrschung auch unter schwierigsten Bedingungen gelernt. Davon zehre ich bis heute – ganz großen Dank an Rob!
Sehr lange Freude hatte ich an meinem ersten 1200S nicht. Denn, eines Tages, ich saß in einer Gaststätte beim Essen, kam jemand rein und fragte, wem der dunkelrote Wagen gehört, der vor der Tür parkt. Äh, wie? Das war ja meiner …. Jetzt leider einen guten Meter kürzer! Dieser Hirni war doch einfach ungebremst auf mein schönes Coupe draufgedonnert!! Die Karosserie war so stark gestaucht und verzogen, dass eine sinnvolle Reparatur unmöglich war. Den originalen KFZ-Brief habe ich heute noch…
Da ich unbedingt einen Wagen für den Alltag brauchte und auch für diverse anstehende Rennen gemeldet hatte, musste also ganz schnell ein Ersatz her. Zum Glück fand ich gleich ein anderes 1200 S Coupe. Es war ein 67er, Silber-metallic, der, wie konnte es auch anders sein, reichliche Rostschäden aufwies. Dennoch, der musste es sein, denn es gab keine schnelle Alternative.
Also zugeschlagen, geschweißt, lackeiert, modifiziert etc. in diversen Nachtschichten. Ich hatte wieder einen Daily Driver und gleichzeitig mein Sportgerät für’s Wochenende. Leider habe ich keine Fotos aus meiner 1200 S Ära gefunden – SORRY!
1977 hatte ich endlich genug Geld gespart, um mir meinen ersten Neuwagen im Leben leisten zu können. Was wurde es? Jaaaa, ein brandneuer SIMCA 1000 Rallye 2 der letzten Serie, Kermit-Grün, mit eckigen Scheinwerfern. Davon gibt es sogar noch ein Foto.
Auf der Abholfahrt von Brauschweig nach Wolfsburg hörte ich plötzlich ein lautes Rasseln aus dem Motorraum. Der Spanner der Lichtmaschine war glatt durchgebrochen! Ganz vorsichtig ging es zurück zum SIMCA-Händler nach Braunschweig, wo gleich ein neuer Spanner eingebaut wurde.
Zuhause angekommen stellte ich irritiert fest, dass eine ganze Reihe von Schweißpunkten in beiden Regenrinnen am Dach durchgebrannt waren. Man konnte unschwer von unten nach oben den Himmel sehen, von oben nach unten tropfte munter das Wasser durch.
Der neue Lima-Spanner hielt ca. eine Woche bis er brach. Also baute ich selbst einen Spanner aus 5 mm Flacheisen. Der hielt!
Trotz zusätzlicher Hohlraumversiegelung beim Händler, vor der Auslieferung, „blühte“ der Rost bereits nach knapp zwei Jahren an allen Ecken und Kanten auf – die Verarbeitung des Rallye 2 war definitiv „unter aller Sau“. Kommentar des Außendienstlers von Chrysler Deutschland: „Sie haben ja auch einen SIMCA gekauft, keinen Mercedes“. Ups!
Dennoch, ich hatte viel Fahrspaß mit dem Rallye 2, im Alltag und bei Rennen. Bis dann Ende 1979 mein Vater um die Ecke kam und meinte, es wäre an der Zeit, dass ich endlich ein „anständiges“ Auto fahren sollte. Er trat mir für einen ganz speziellen Vater/Sohn-Tarif seinen 4-jährigen 5er BMW ab. Gegen diesen Sechszylinder hatte der kleine Rallye 2 trotz allen Charmes natürlich keine Chance und meine SIMCA-Zeit ging damit zunächst zuende.
Seit dem fahre ich überzeugt BMW. Nach Vater*s 5er waren es zahlreiche 3er, immer mit dem größtmöglichen Sechszylinder ausgestattet, und diverse Modelle der BMW M GmbH. Aktuell fahre ich einen M2 Competition.
Im automotiven Hobbybereich kam 1985 ein TRIUMPH Spitfire in’s Haus, sozusagen zum Warmlaufen in der Engländer-Szene. Ende 1987 konnte ich mir endlich meinen absoluten Traumwagen leisten, und zwar einen JAGUAR E-Type. Nach rund 900 Stunden Arbeit kam der Jag auf die Straße. Gleichsam habe ich den Wagen in zahlreichen Rallyes und Rennen für historische Fahrzeuge eingesetzt. Beide Engländer haben bis
heute einen ganz festen Platz bei uns!
Tja, und jetzt, als Rentner im fortgeschrittenen Alter, kam bei mir vor einiger Zeit der Wunsch nach „Back to he roots“ auf. Der Wunsch, wieder einen SIMCA zu besitzen, wurde immer stärker und ich begann, den Markt zu sondieren, speziell nach 1200S Coupe und Rallye 2. Dabei stellte ich schnell fest, dass das Angebot äußerst mager ist.
Zunächst nahm ich ein 1200S Coupe in den Focus, blau metallic und schon länger auf mobile.de privat angeboten. Die Infos über das Fahrzeug, die ich in vielen Telefonaten und eMails vom Anbieter erhielt, klangen recht vielversprechend. Zudem handelt es sich um genau den Wagen, den mir ein Händler aus Brauschweig vor gut 3 Jahren auch schon angeboten hat.
Mit einer relativ festen Kaufabsicht fuhr ich, gemeinsam mit einem Freund vom Engländer-Stammtisch, Anfang April 2021 zur Besichtigung und Probefahrt die 400 km nach Nümbrecht. Die Begutachtung und auch die Probefahrt mit dem kleinen Coupe verliefen recht positiv. Zwar verlangte der Wagen einige Zuwendung, aber der Gesamteindruck war durchaus positiv, ebenso der über den Verkäufer.
Auch das anschließende Verkaufsgespräch verlief zunächst recht gut, wir fanden bald einen gemeinsamen Nenner. Die Stimmung drehte jedoch um 180 Grad, als sich die (chinesische!) Ehefrau des Verkäufers in das Gespräch einmischte. In einer wilden Mischung aus deutsch, englisch und chinesisch versuchte die Frau, den bereits verhandelten Preis wieder nach oben zu treiben, und zwar über den ursprünglichen Angebotspreis auf mobile.de. Das klang ungefähr so: „Diese Auto iste so niedlich und fährte so schän, iste viele zu billig.“. Von dem Moment an kippte die Stimmung und es war kein sachliches und vernünftiges Gespräch mehr möglich.
Mein Freund und ich fuhren die 400 km enttäuscht und unverrichteter Dinge, ohne das 1200 S Coupe, zurück nach Wolfsburg.
Inzwischen hatte ich auch Kontakt zur OSCAR IG und zur Heckmotor IG aufgenommen und wurde dort extrem offen und nett aufgenommen. Ich bekam einen heißen Tip für einen Rallye 2, der ganz unscheinbar in einer Kleinanzeige in einem süddeutschen Wochenend-„Wurschtblatt“ zum Verkauf angeboten wurde.
Nach anfänglich etwas schwieriger und zäher Kontaktaufnahme ergab sich schnell ein guter „Draht“ zum Anbieter. Bei dem Wagen handelt es sich um einen komplett neu aufgebauten 75er Rallye 2, den der Verkäufer vor nur gut einem Jahr gekauft hat. Warum er sich bereits nach so kurzer Zeit von dem Auto trennen wollte? Ganz einfach, er hatte sich „verkauft“! Denn, der Rallye 2 wurde recht kompromisslos quasi als straßentauglicher Rennwagen aufgebaut, leicht, extrem laut, tief, breit, hart und schnell. Als Sahnehäubchen verfügt er über einen Motor aus dem legendären Stall von Hans Exner, mit angeblichen ca. 125 PS Leistung.
Die zahlreichen Infos und Dokumente die mir der Verkäufer zukommen ließ, waren sehr vielversprechend, weshalb ich am 2. Mai 2021 mit dem schon zuvor genannten Freund Hubert die 600 km Fahrt nach Biberach zur Besichtigung und Probefahrt gut gelaunt und zuversichtlich antrat.
Gegen 11:30 Uhr beim Verkäufer angekommen, gab es erstmal Kaffee, der Funke der Sympathie sprang ebenfalls über. Doch dann, als der Wagen aus der Garage gefahren wurde, gab es den ersten Dämpfer: Der Motor klang ganz fürchterlich, er spuckte und lief nur auf 2 bis max. 3 Zylindern. Hingegen zeigten sich Karosserie, Innenraum usw. in absolut tadellosem Zustand. Einen derart hochwertigen und durchdachten Neuaufbau habe ich selten gesehen!
Auf der kurzen Probefahrt ergab sich keine Verbesserung im Laufverhalten, unter 5000 1/min war er kaum fahrbar, spürbare Leistung war auch kaum vorhanden. Dabei hatte der Rallye 2 erst zwei Tage vorher eine frische HU und AU bekommen. Wie geht das? Ein Schelm, wer böses dabei denkit…
Ebenso fühlten sich Gasbetätigung, Schaltung usw. usw. so an, als wenn die „letzte Ölung“ bereits sehr lange zurück lag. Man nennt das auch massiven Wartungs- und Pflegestau…
Sollte ich etwa wieder ohne Simca nach Hause fahren? Nein, so schnell gebe ich nicht auf, nicht bei DIESEM Auto! Mechanisch klang der Motor einwandfrei. Also wurde mit primitivsten Mitteln (Ohr, Hand am Auspuff, Kerzenstecker abziehen etc.) eine erste Diagnose gestellt: Zylinder 1 und 2 okjay, 3 und 4 liefen nicht mit, Kompression gut, Mechanik gut, die beiden 40er Weber völlig verstellt. Nach einer guten Stunde Diagnose und Einstellung nach Gefühl und Wellenschlag lief der Motor endlich wieder halbwegs gut. Der Verkäufer stand nur sprach- und verständnislos daneben, während mein Freund und ich an (noch) seinem Auto arbeiteten…
Letztendlich kam es dann doch zu einem Kaufabschluss, mit dem beide Seiten zufrieden sein können. Die 600 km Heimfahrt zurück nach Wolfsburg, natürlich per Achse, absolvierte der kleine grüne Giftzwerg ohne zu Murren. Er ist zwar etwas anstrengend, macht aber unheimlich viel Spaß!! Etwas störend waren lediglich die ständigen Tankstops, bedingt durch den kleinen 23 Liter Tank vorn im Kofferraum.
Gegen 21 Uhr abends zuhause angekommen, nach immerhin 1200 km Fahrt, Schrauberei und Gewöhnung an ein außergewöhnliches Fahrzeug, musste ich nochmal richtig realisieren: Ich war endlich wieder stolzer Besitzer eines SIMCA 1000 Rallye 2/3. Und ich war „Back to the roots“!
Allzeit guten Öldruck!
Euer Olaf